Sportpsychologe Dr. Christian Marcolli zeigt auf, dass die psychologische Betreuung eines Profi-Sportlers in der Reha genau so wichtig ist, wie die medizinische und die physiologische.
Im Alter von 28 Jahren riss meinem Klienten, ein sehr erfolgreicher Eishockey-Spieler, die Achillessehne. Durch die Teilnahme an meinem sportpsychologischen Betreuungsprogramm COMEBACK nahm er zum ersten Mal individuelle sportpsychologische Unterstützung in Anspruch. Sein Beispiel zeigt deutlich, dass psychologische Betreuung in der Rehabilitation eines professionellen Sportlers einen ebenso gewichtigen Anteil trägt, wie die medizinische und die physiologische.
Junge, gesunde, ambitionierte Sportler, die ihr einstiges Hobby zum Beruf machen konnten und wollten, verlassen sich auf ihre Körper, auf ihre schnelle Regeneration und ihre scheinbar schier unerschöpfliche Energie. Erst wenn sie sich ernsthafte Verletzungen zuziehen, fangen sie an, die Selbstverständlichkeit ihrer Gesundheit, Kraft und Ausdauer in Frage zu stellen. Nicht selten wirkt sich genau diese Unsicherheit auf die Genesung, die Leistungswiederherstellung, -erbringung und -steigerung und damit auf den kurzfristigen und langfristigen Erfolg der Sportlerkarriere aus. Dass ein menschlicher Körper keine Maschine ist, die man endlos strapazieren kann, dass ein Bewegungsapparat Belastungsgrenzen hat, sind Erfahrungen, die als solche ver- und aufgearbeitet werden müssen, um nicht nur den Heilungsprozess, sondern auch ein langfristig erfolgreiches Comeback aus der Rehabilitation auf Platz, Eis und Strecke realisieren zu können.
Für den ehrgeizigen Eishockey-Spieler war Aussetzen zu müssen eine Tortur.
Bisher hatte er "zwischendurch einmal einen Nasenbeinbruch gehabt, Schrammen, aber nie etwas Gravierendes", erst die gerissene Achillessehne zwang ihn für längere Zeit auszusetzen. Dadurch geraten Berufssportler unter massiven Druck. Gerade in einer Teamsportart wie Eishockey, in der ein hohes Maß an physischer Resilienz und Persistenz genauso vorausgesetzt wird wie Loyalität und Solidarität gegenüber der Mannschaft, Trainer, Verein und Fans potenziert sich dieser Druck: "Du als Sportler willst ja so schnell wie möglich zurück, das ist so. Dann hast du eigentlich einen tagtäglichen Kampf mit deiner Physiotherapeutin, mit den Ärzten. Sie wissen schon, was gut ist für dich, aber du möchtest gerne wieder zurück. Und da ist Sportpsychologe Chris Marcolli ins Spiel gekommen, er ist wie die Kontaktperson gewesen zwischen diesen medizinischen Fachkräften, zwischen mir, der Physiotherapeutin und den Ärzten. Er hat mir viele Dinge wieder zurückgeholt, die ich gebraucht habe, also den Challenge, jeden Tag wieder ein bisschen. Ich bin ein Spielertyp, ich hasse das, wenn ich lange draussen joggen muss, das kann ich nicht. Ich muss irgend etwas zum Spielen haben. Und er hat mir immer wieder geholfen, irgendwie mit einem kleinen Spiel, eben zum Beispiel Unihockey-Schiessübungen oder so, trotz der Verletzung. Er hat mir irgend etwas wieder gebracht, es hat mir sehr viel gebracht."
Zwischen der ärztlich-medizinischen und der sportphysiologischen Behandlung und Betreuung nimmt die sportpsychologische, individuelle Auseinandersetzung mit Spieler, Sport, Verletzung und Genesung einen wichtigen Platz ein. Sie kann verunsicherten Spielern nicht nur ihre Sicherheit zurückgeben, sondern sie auch in anderen Bereichen stärken, die ihre Leistung direkt und indirekt dauerhaft verbessern. Eine bessere mentale Verfassung wirkt sich nachhaltig auf Leistungserbringung sowohl im Spiel als auch im Training aus, steigert die Leistungsfähigkeit ganzheitlich und ermöglicht effiziente Erholung und Regeneration, wodurch wiederum das Verletzungsrisiko durch Überlastung reduziert wird. Gleichzeitig ermöglicht die sportpsychologische Betreuung so einen schnelleren Heilungsprozess, der es den Spielern ermöglicht, so schnell wie möglich wieder auf höchstem Level in den Wettkampf einzusteigen.
Durch die konsequente sportpsychologische Betreuung im Rahmen des Programms COMEBACK nahm die Verletzungspause beim Eishockeyprofi nur sieben Monate in Anspruch. Und - obwohl die Ärzte dem Spieler zu verstehen gegeben hatten, dass er vor Saisonende auf keinen Fall würde zurückkehren können - konnte er zu den Playoffs zum Ende der Saison hin wieder voll einsteigen und durch gute Leistungen überzeugen. Dies ist enorm wichtig für einen Eishockey-Spieler: "Mir haben die Ärzte ganz klar gesagt, die Saison sei für mich vorbei, bevor das erste Spiel gespielt war! Und der Vertrag lief Ende der Saison aus. Ich habe wahnsinnige Angst bekommen um meine Existenz, habe gedacht, was ist jetzt los, reicht es noch. Keiner stellt doch einen verletzten Spieler ein, das ist klar. Und für mich war es so wichtig, diese Play-offs das war anfangs Februar, als ich zurückgekommen bin aufs Eis und dass ich gute Leistungen gezeigt habe. Ich habe diesen Sport so gerne und darum wäre es wahnsinnig, es wäre eine Welt zusammengebrochen."
Insgesamt verbessert die psychologisch-mentale Betreuung die Zusammenarbeit zwischen Sportlern, Ärzten und Therapeuten, den Umgang und die Verarbeitung der Verletzung sowie die Einstellung zum Training, zur Performance und zur Regeneration. Die konsequente Weiteranwendung ihrer Methoden und Tools, aber auch die anhaltende Berücksichtigung ihrer Hinweise und die Akzeptanz der eigenen Persönlichkeit und der persönlichen Leistungsgrenze hinterlassen einen ausgeglichenen, leistungsstarken Teamplayer, von dessen Erfahrung seine Teamkollegen noch lange profitieren können, nicht nur die, die das Spiel betrifft, sondern auch die aus Regeneration und Rehabilitation.
Dr. Christian Marcolli
Fachpsychologe für Sportpsychologie FSP
www.marcolli.ch