Autsch…so nun hats trotzdem nicht gereicht verletzungsfrei über die Bobsaison zu kommen…
Beim Anschieben, kurz vor dem Sprung in den Schlitten hat`s im Muskel gezwickt…Was nun? Diagnostik ist essentiell um eine Prognose zu stellen und die Reha einzuleiten. Handelt es sich um eine strukturelle Läsion mit Unterbrechung der Kontinuität der Muskelfaser oder des –bündels, oder hat sich er Athlet lediglich eine „Zerrung/Überdehnung/Verhärtung“ des entsprechenden Muskel zugezogen.
Palpation, Inspektion, Anamnese geben uns schon relativ schnell eine mögliche Richtung an. Häufig ereignen sich aber die Verletzungen in der Tiefe der Muskulatur und somit ist technische Unterstützung (MRI, Sono) sinnvoll, die Prognose über die Rückkehr in den Sport wird dadurch jedoch nicht verlässlicher. Bei leichteren Verletzungen, und wenn keine technische Hilfsmittel vorhanden sind, geben mir folgende Schritte Auskunft.
Den verletzen, schmerzhaften Muskel LANGSAM in eine Dehnposition bringen bis der Athlet einen leichten Dehnschmerz verspürt. Danach verlange ich eine LANGSAME ISOMETRISCHE Aktivierung des entsprechenden Muskels gegen meinen Widerstand. Nimmt der Schmerz zu, kann ich primär davon ausgehen, dass die Läsionsstelle noch mehr gedehnt wird und somit vermutlich eine strukturelle Kontinuitätsunterbrechung vorliegt (Typ 3A-4, nach der Muskelverletzungsklassifikation aus dem „Munich consensus meeting“).
Nimmt der Dehnschmerz ab, gehe ich von einer reversiblen, lokalen Verhärtung (lokaler Tetanus) aus (Typ 1A-2B), welcher durch die Annäherung der Stelle entlastet wird. Diese kann durch manuelle Techniken und durch Detonisieren angegangen werden.
Strukturelle Läsion -aus RICE/PECH wird POLICE… Rest Ice Compression Elevation ist überholt… nun heissts Pause Optimal Loading Ice Compression Elevation!
Die optimale phasenangepasste Belastung gewährleistet uns die Reparation!
Nach einer kurzen Latenzphase befinden wir uns bereits in der Entzündungsphase, welche therapeutisch Ruhe verlangt. Die Lagerung des entsprechenden Muskels sollte wenn möglich in Nullstellung erfolgen. Die Regeneration der verletzten Strukturen kann somit in funktioneller und nicht verkürzter Position erfolgen. Keine Massage des verletzten Gebietes (myositis ossificans- Gefahr), gegebenenfalls Detonisierung distal und proximal der Ruptur um das Wundgebiet zu entlasten. Abhängig von der Grösse der Läsion dauert die Entzündungsphase 2-5Tage und geht fliessend in die sogenannte Proliferationsphase über. Therapeutisch ist diese durch Bewegung im schmerzfreien Bereich und aerober Belastung (Optimal Loading) gekennzeichnet.
Die Bewegung regt die Kollagensynthese an, welche ihre Energie über die Zufuhr von Sauerstoff bereitgestellt erhält. Nach Abschluss der Proliferationsphase (kontraktile Elemente 14d, kollagenes BG 21-28 Tage) sollte wenn möglich fullROM erreicht sein. Beim Übergang in die Remodulierungs- oder Maturationsphase erfolgt auch ein Wechsel von zeitbasierter zu kriterienbasierter Vorgehensweise. Nach 4-8 Wochen kann, sofern die Qualität in der Reha gewährleistet ist wieder ins Training eingestiegen werden.
Welches sind Eure Hauptübungen für die Reha einer Hamstringsverletzung?
Nordic Hamstring? Good Morning? Dead lift? Roman Chair?
Weitere Inputs zur Reha von Muskelverletzungen gibt’s in unseren Fortbildungsskripts- und Fachartikeln für alle Mitglieder hier (Infocenter/intern) oder auch umfassend im Buch „Muskelverletzung im Sport“
Simon Heinis
Literatur:
Muskelverletzungen im Sport
Müller-Wohlfahrt/Ueblacker/Hänsel, (ISBN 9783131467522),
© 2014 Georg Thieme Verlag KG